Jungunternehmer mit Familienbetrieb
Fabian Tschenett
Eisenwaren, Werkzeuge, Haushaltsgeräte, Landwirtschaftsartikel, Spiel- und Schreibwaren – das Sortiment der Qualitas Tschenett GmbH deckt die unterschiedlichsten Bedürfnisse von Einheimischen und Gästen im Val Müstair und darüber hinaus ab. Für seinen wortwörtlich familiär geführten Laden darf Fabian viele Komplimente entgegennehmen. Eine grosse Freude für ihn, doch gibt er die Blumen umgehend weiter an sein Team. Dazu zählen seine Mutter, zwei verwandte Angestellte sowie einer seiner beiden Brüder. Gemeinsam mit ihm führt er das Geschäft und baute es zu seiner heutigen Form auf.
Aus der Not eine Tugend gemacht
Anfangs 2017 konnte ihr Fachhandel eröffnet werden. Davor arbeitete Fabians Mutter bereits zehn Jahre beim Eisenwarengeschäft Grond & Co., einer langjährigen Institution im Tal. Als die Pensionierung der Familie Grond anstand und keine Nachfolge geregelt war, schlugen Fabian und sein Bruder von sich aus die Übernahme des Geschäfts vor. Freilich keine Affekthandlung, denn die Idee dazu entstand bei Gesprächen am Mittagstisch und reifte über mehrere Monate heran. Im Gebäude der ehemaligen Lechthaler SA, ein Papeterie-/Spielwarengeschäft und ebenfalls vor der Pensionierung des Eigentümers stehend, führten die Tschenetts schliesslich beide Sortimente zusammen. Dabei durften sie auf die Unterstützung bei der Einarbeitung durch die früheren Geschäftsführenden zählen, welche ihrerseits sehr erfreut über den Fortbestand ihres «Lebenswerks» waren.
Die entgegengebrachte Wertschätzung unserer Kundschaft ist für mich nach wie vor überwältigend. Ich liebe es, Alltagsprobleme für sie zu lösen.
Selbstverständlich mangelt es der Familie nicht an Expertise: Fabian ist gelernter Schreiner, sein Bruder Elektriker und ihre Mutter kennt sich in der Haushaltsabteilung bestens aus. Wenngleich keine strikte Aufgabenteilung besteht, befasst sich Ivan mehr mit Büro- und Elektroarbeiten, während Fabian sich auf den Verkauf und Montagearbeiten konzentriert. So gibt es für Fabian auch immer wieder Ausseneinsätze, denn um die unterschiedlichsten Kundenwünsche zu erfüllen, werden beispielsweise auch Zäune oder Briefkästen im Tal montiert.
Verbundenheit mit dem Tal
Während seiner früheren Tätigkeit als Schreiner zog es Fabian für drei Jahre aus dem Val Müstair hinaus nach Schwyz. Für ihn war das eine wichtige Erfahrung, um einmal etwas Neues zu sehen, doch mit der Zeit kam in ihm ein leichtes Gefühl von Heimweh auf. Mit dem Tal und den ansässigen Leuten ist er eng verbunden. Eine besondere Magie besitzt für ihn das Val Mora – das unberührte Bergtal, welches einen Hauch kanadischer Wildnis versprüht. Seit seiner Kindheit verbrachte er mit seiner Familie beinahe jedes Jahr eine Woche auf der Alp Sprella. Selbst heute besucht er die Alp immer wieder gemeinsam mit seinen Brüdern und Kolleg*innen.
Die Abgeschiedenheit im Val Mora auf der Alp Sprella ist fantastisch. Eine Auszeit ohne Empfang lässt einen so richtig abschalten.
Das Runde muss ins Eckige
Den Ausgleich zum Geschäftsalltag findet Fabian beim Skifahren, Fussball- und Tennisspielen oder Wandern. Insbesondere dem Fussball gilt im Sommer seine grosse Leidenschaft. Bis 2011 spielte der italienisch-schweizerische Doppelbürger im Südtirol, bevor er zum lokalen Club da ballapé Val Müstair wechselte. Die Platzkenntnisse seiner Jugendzeit kommen ihm hierbei zugute, denn sein heutiger Club spielt aufgrund der Reisedistanzen in einer Freizeitliga im Südtirol. Die Trainings und Heimspiele werden in Müstair neben dem Spielplatz Plazöl ausgetragen. Für ihn ist eine solche Mitgliedschaft in lokalen Vereinen Gold wert, um andere Leute im Tal kennenzulernen.
Besonders im Sport drückt mein Ehrgeiz durch. Die technischen Aspekte faszinieren mich und es gibt nichts Schöneres, als gemeinsam Erfolge zu feiern und Niederlagen zu überstehen.
Aus einem Winter wurden viele
Auf den Ski stand Fabian von Kindesbeinen an. Sein Ehrgeiz schimmerte bei der Teilnahme an verschiedenen Skirennen der Jugendorganisation bereits durch. Zum Ende der Lehrzeit 2008 entschloss er sich auf Anstoss seiner Mutter, Skiunterricht in Samnaun zu geben. Was ursprünglich nur für einen Winter geplant war, führt Fabian mit 2012 abgeschlossenem Diplom als eidgenössischer Schneesportlehrer bis heute jeden Winter in die internationale Silvretta Ski-Arena Samnaun/Ischgl. Er machte damit sein Hobby zum Beruf, zumindest saisonal. Denn obwohl ihn seine Geschäftstätigkeit fordert, lassen die eher ruhigen Monate Januar bis März erfreulicherweise etwas Unterricht für Stammgäste in der Hauptsaison zu. Allzu oft im Laden fehlen will er trotz seiner Leidenschaft aber auch nicht – eine regelrechte Zwickmühle. Zum Glück sind für ihn die Kurven im Schnee mehr Energiespender als -fresser; insbesondere, wenn er im Demoteam Samnaun sein fahrerisches Können akrobatisch unter Beweis stellen kann, wie etwa an den jährlichen Formations-Europameisterschaften.
Text: Roger Kreienbühl
Bilder: Lucian Ruinatscha (Alp Sprella), Mario Curti (Demoteam Samnaun) und Michelle Zbinden