Der Macher zwischen Innovation und Tradition
Ulrich Veith
Geschichte weiterleben
Das UNESCO Kloster St. Johann in Müstair ist rund 1200 Jahre alt. Seit rund 50 Jahren kümmert sich eine Stiftung um dessen Erhalt, das integrierte Museum mit Laden sowie die Forschung in den ehrwürdigen Gemäuern. Gleichzeitig betont Uli, wie wichtig es ihm und dem Stiftungsrat ist, weitsichtig zu agieren und nicht stillzustehen – immer natürlich unter Bewahrung des historischen Erbes. So spielen auch weder Konfession noch Herkunft eine Rolle, wichtig ist die Passion – und die versprüht Uli mit jedem Satz. Dass ein Südtiroler als Geschäftsführer amtet, ist deshalb längst akzeptiert und der ehemalige Finanzwirtschafter bestens integriert: Er versteht mühelos Romanisch und engagiert sich ausserhalb des Klosters für eine nachhaltige Entwicklung im Val Müstair.
Geheimnisvoller Konvent
Die aktuell acht Nonnen im Kloster St. Johann leben ihr Leben unabhängig von der Stiftung. Zu Gesicht bekommt man sie als Besucher kaum – aber im Sommer kann man täglich ihren Gebeten und Gesängen lauschen, die von der Klausur in die Kirche dringen. Selbst für Uli ist dies stets ein magischer Moment, der ihn zur Ruhe kommen und Kraft tanken lässt. Und auch sonst ist er beeindruckt von der arbeitsamen und bescheidenen Lebensweise der Schwestern: Die Regeln des heiligen Benedikts, quasi 1000jährige Führungsgrundsätze, sind für den sympathischen Familienvater heute aktueller denn je.
Wer rastet, der rostet
Dieser Spruch gilt nicht nur für uns Menschen, sondern auch für den Tourismus im Tal. Das zumindest hat sich Uli gesagt, als klar wurde, dass ein Traditionsbetrieb in unmittelbarer Nähe des Klosters mangels Nachfolge geschlossen werden sollte. Dieses Schicksal vieler Schweizer Familienhotels sollte das Hotel Chalavaina, das 1254 bereits erstmals urkundlich als Herberge erwähnt wurde, jedoch nicht ereilen. Nach einem sorgfältigen Umbau erstrahlt es seit Frühling 2022 in neuem Glanz. Die Gäste freuen sich über das attraktive Angebot – und der Macher und Innovator Uli Veith ist, ganz nebenbei wie es scheint, auch noch Hoteldirektor.
Ein bisschen stinken darf es
In seiner Freizeit schmiert und pflegt Uli seinen Klosterkäse – auch das ein Herzensprojekt, das er vor wenigen Jahren angezettelt hat. Im eigens dafür eingerichteten historischen Keller herrschen perfekte Bedingungen, um die kostbaren Laibe zu lagern. Gekäst wird allerdings nicht vor Ort, sondern in der lokalen Käserei, der Chascharia, die für den Klosterkäse ausschliesslich Milch des klösterlichen Bauernbetriebs verwendet. Damit die Qualität stimmt, kümmert sich Uli akribisch um seine Käse. Das macht sich bezahlt, denn der Absatz stimmt, wie er bescheiden zugibt.
Bitte keine Langeweile
Wenn Uli etwas nicht mag, dann ist es Langeweile. Darum hat er auch bereits das nächste Projekt in seinem Köcher: Den Aufbau eines wissenschaftlichen Kompetenzzentrums für die Erforschung von historischem Handwerk wie z.B. Mauern, Täfer, Verputz. Und wenn die Arbeit getan ist? Dann trifft man den aktiven Sportler bestimmt zu Fuss oder noch lieber mit den Skiern auf einem Berggipfel im Dreiländereck an. Denn hier, in seiner Heimat, ist Uli immer noch am liebsten, auch wenn ihn ab und an das Fernweh packt und ihn eine Städtereise unternehmen lässt.